Bancassurance – der nächste große Ertragsbringer oder nur ein Sturm im Wasserglas?

Hendrik Pelckmann

Ausgangslage und Herausforderungen

In den meisten Sparkassen-Planungsrunden für das Jahr 2022 dürfte das Versicherungsgeschäft noch wenig Raum eingenommen haben. Immerhin hatten fast alle Sparkassen in 2021 gerade ein sehr starkes Wertpapierjahr hingelegt und das Baufinanzierungsgeschäft lief seit Jahren auf einem sehr hohen Produktionsniveau.

Doch wie so oft im Leben kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Spätestens seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine Ende Februar hat sich das Provisionswachstum im Wertpapiergeschäft deutlich reduziert und die drastische Zinswende lässt die Aussichten auf eine Fortsetzung des (risikoarmen) Baufinanzierungswachstums schwinden.

Neue Ertragsquellen werden daher dringend benötigt

Das Versicherungsgeschäft ist hier ein natürlicher Kandidat: es ist kaum von Kapitalmarktschwankungen abhängig und gerade in Krisenzeiten wächst der Kundenbedarf nach Absicherung der Lebensrisiken.

Investors Marketing hat sich daher intensiv mit den Ertragspotentialen im Versicherungsgeschäft auseinandergesetzt. Wenn man dabei auf die Ist-Zahlen blickt, fällt schnell auf, dass es im Sparkassenvergleich wohl kaum ein Produktfeld gibt, das so große Unterschiede in der Ertragsbedeutung aufweist. Top-Häuser kommen auf Bruttoversicherungserträge von über 0,08% ihrer Durchschnittlichen Bilanzsumme. Der Schnitt der Sparkassen liegt eher bei 0,04% und einzelne Häuser durchaus bei 0,02%

Die Ursachen für eine zu geringe Versicherungsproduktion sind dabei oft ähnlich:

  • Fehlender Fokus auf dem Versicherungsgeschäft in der Steuerung und Führung
  • Zu wenig aktive PK-Generalisten beraten und verkaufen Versicherungen
  • Hohe emotionale Hürden bei den Sparkassenmitarbeitern (Angst vor Detailfragen, Unsicherheit zu den Tarifen) und zu wenig Beratungsroutine (unter 1 Beratung pro Monat)
  • Der Absatzhebel liegt vor allem im gehobenen Geschäft PB und FK – hier liegt der Fokus aber historisch auf dem WP bzw. dem Kreditgeschäft mit geringeren Veränderungsbereitschaften
  • Zusammenarbeit mit den Versicherungsspezialisten, insbesondere in den gehobenen PK- Segmenten und im GK/FK-Geschäft, wird eher als Bedrohung der Kundenbeziehung, denn als Chance gesehen

Stellhebel für ein Ertragswachstum im Versicherungsgeschäft

Die Gestaltungsparameter, die einer Sparkasse für eine Steigerung der Erträge zur Verfügung stehen, sind vielfältig und entscheiden maßgeblich über den Erfolg. Nachfolgend sollen 3 Ausgestaltungsoptionen näher betrachtet werden

1. Agentur- oder Kooperationsmodell

Historisch erfolgt die Marktbearbeitung im Versicherungsgeschäft der Sparkassen meist im sog. Kooperationsmodell. Dabei erfolgt die Beratung der Kunden und die Unterstützung der Vertriebe durch (fremde) Mitarbeiter verschiedener Agenturen der produktgebenden Verbundpartner. Diese übernehmen i.d.R. auch die Bestandsverwaltung und -betreuung. Die Qualität der Beratung, Betreuung und Unterstützung hängt dabei naturgemäß vom jeweiligen Agenturleiter ab

Alternativ kann die Sparkassen auch einen eigenen Versicherungsvertrieb aufbauen, d.h. eigene Versicherungsspezialisten einstellen und auch die Bestandsverwaltung eigenständig übernehmen – hierzu ist der Aufbau einer eigenen Sparkassenagentur notwendig (sog. Agenturmodell).

Eine eigene Versicherungsagentur kann dabei eine Vielzahl von Vorteilen bieten:

  • Höhere Provisionssätze: insgesamt höhere Bestands- und Abschlussprovisionen für Agenturen. Insbesondere größere Sparkassen können Skaleneffekte nutzen, wenn Versicherungsbestände (v.a. Komposit) eigenständig verwaltet werden
  • Steuerungshoheit: Versicherungsspezialisten unterliegen der eigenen Verantwortung und können somit gezielt gemäß den eigenen strategischen Zielen gesteuert werden (eigene Struktur, eigene Mitarbeiter)
  • Höhere Vertriebsschlagkraft: Durch direkte Führung und eigene, selbst gestaltete Kampagnen kann die Vertriebsintensität gesteigert werden
  • Bessere Verzahnung mit Generalisten: Insbesondere im Kompositgeschäft kann eine gute Verzahnung die Alleinabschlussquote im Mengengeschäft massiv steigern und zugleich Spezialisten für komplexe Situationen hinzugezogen werden
  • Produkthoheit: Insbesondere im gehobenen Geschäft (IK/PB und GK/FK/UK) können die Verbundprodukte durch Fremdprodukte in einer Ventillösung oder Mehrfachagentur ergänzt werden, um die Kundenbedarfe passgenauer zu decken.
  • Stärkere Nähe zum Kunden: Versicherungen sind langfristige Ankerprodukte und erzeugen eine hohe Kundenbindung. Zudem ergänzen sie das Wissen der Sparkasse über den jeweiligen Kunden (hohe eigene Informationstiefe)

Natürlich ist ein strategischer Schritt der Gründung einer eigenen Agentur auch mit Risiken verbunden. Hier sind vor allem zu nennen:

  • Fixkostenblock: Im Vergleich zum Kooperationsmodell entstehen signifikante Fixkosten (insbesondere Personalkosten), die durch Wachstum und vertrieblichen Erfolg gedeckt werden müssen
  • Personalrisiko: Der Erfolg ist maßgeblich von den handelnden Personen abhängig. Die eigenen Spezialisten müssen am Markt gewonnen und regelmäßig qualifiziert werden (sowohl Vertrieb als auch Backoffice). Dies liegt jetzt in der Verantwortung der Sparkasse
  • Höhere Komplexität: Durch die eigenständige Verwaltung der Versicherungsbestände müssen komplexe Kundensituationen (z.B. Schadensregulierung) selbständig gelöst werden

Erfahrungswerte vom Markt zeigen jedoch, dass die Chance regelmäßig die Risiken überwiegen und Agentursparkassen deutlich (Faktor 2-4) stärker wachsen als Kooperationssparkassen.

2. Produktarchitektur

Im Fondsgeschäft und auch in der Baufinanzierungen haben sich offene Produktarchitekturen und die Vermittlung von Fremdprodukten in den letzten Jahren verstärkt durchgesetzt. Dies hat das Kundenverhalten nachhaltig geprägt und die Erwartungshaltungen der Kunden beeinflusst.

Fast 60% der Privatkunden erwarten heute bei Ihrer Bank einen Marktüberblick über Versicherungsprodukte, wie sie es bei Online- Vergleichsportalen kennen.

Quelle: Perspektiven der Bancassurance in Deutschland, 02/21
Quelle: Perspektiven der Bancassurance in Deutschland, 02/21

Gerade das langjährige Vertrauensverhältnis zur Bank und die „Neutralität“ in Sachen Versicherungen sind dabei die Hauptgründe, warum Kunden lieber ein Versicherungsprodukt in einer Bank nachfragen, als direkt bei einer Versicherung.

Quelle: Perspektiven der Bancassurance in Deutschland, 02/21
Quelle: Perspektiven der Bancassurance in Deutschland, 02/21

Der Trend zu einem offeneren Produktangebot und zu mehr Vergleichbarkeit ist daher konsequenterweise auch stärker in der Bancassurance angekommen.

Ansätze wie die Ventillösung für AO-Sparkassen über FidesSecur oder auch die Möglichkeit fremde Komposit-Produkte mit dem Versicherungsmanager Plus zu übernehmen sind sinnvolle Strategien, um die Kundenbedarfe in den gehobenen PK und GK-Segmenten zu befriedigen und für ein nachhaltiges Ertragswachstum zu generieren.

3. Anteil Eigengeschäft

Ein langfristiges, nachhaltiges Ertragswachstum im Versicherungsgeschäft wird nur gelingen, wenn alle Beraterrollen ihren Beitrag zur Produktion liefern. Ein rein durch Spezialisten getriebenes Geschäft ist dauerhaft wirtschaftlich nicht zu finanzieren. Daher hat die Eigengeschäftsquote eine besondere strategische Bedeutung und sollte bewusst gesteuert und konsequent entwickelt werden.

Die über OSPneo verfügbaren Produkte haben einen bequemen und gut geführten Abschlussprozess, der für jeden Individualkundenberater und Privatkundenbetreuer eigenständig anwendbar ist. So sind im Lebengeschäft Eigenproduktionsquoten von >80% gut zu erreichen.

Die wertvollen (und teuren) Spezialistenrollen können und müssen sich dann auf komplexe Beratungen fokussieren.

Um die emotionalen Hürden des Versicherungsverkaufes in der Breite der Generalisten zu überwinden sind gezielte und nachhaltige Investments in Change-Prozesse, fachliche Qualifikationen und Coaching notwendig. Hier kommt den Führungskräften, aber auch den Spezialisten eine wichtige steuernde und ausbildende Funktion zu.  

Neben einer großen Anzahl von „Händen am Geschäft“ ist eine kontinuierliche, zentral gesteuerte Ansprache und Vermarktung des Themas „Versicherungen und Vorsorge“ wichtig, besonders im Retailgeschäft. So schaffen sie die nötige Awareness bei Kunden und Beratern und bringen ihr Haus in den relevant set bei Interessenten. Beides eine unerlässliche Voraussetzung für hohe Termin- und Abschlussquoten.

Fazit: Erfolgreich ist das Versicherungsgeschäft, wenn es vom Kunden her gedacht und an alle Kunden gebracht wird – gerne unterstützen wir Sie dabei für Ihr Haus den richtigen Ansatz für mehr Geschäft zu finden. Auf Basis Ihrer individuellen Ausgangslage ermitteln wir gemeinsam das passende Zielbild, um dann im Wissen um die Erfolgsfaktoren und Hürden das Versicherungsgeschäft am Kunden ins Erleben zu bringen.

Wir unterstützen Sie gerne mit unserer Expertise und Erfahrung aus unzähligen Projekten. Sprechen Sie uns an!

Hendrik Pelckmann

Partner

 

T: +49 69 96 31 58 - 34

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