Thomas Wollmann, Georg Strich
ESG-Kriterien, EU-Taxonomie, EU-Offenlegungsverordnung (SFDR), Bilanz-Richtlinie (CSR), EU Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD), nationales Klimaschutzgesetz (KSG) und Gebäudeenergiegesetz (GEG), die neue EBA Leitlinie für Kreditvergabe und Überwachung sind nur einige der Regulierungen, die im Zusammenhang mit der Finanzierung von Häuserkauf und Sanierung bereits Empfehlungen und Vorgaben enthalten. Noch sind Banken und Finanzdienstleister aber von diesen vielfältigen Klimaschutzregeln im privaten Immobilienbereich eigentlich kaum betroffen.
Doch in den nächsten 3-5 Jahren wird sich dies grundlegend ändern. Der Gebäudesektor hat als einziger Sektor seine Klimaschutzziele in 2021 nicht erreicht - die EU-Kommission empfiehlt in der „renovation wave“ eine Verdopplung (rudimentär wird auch schon von einer Verdrei- bzw. Vervierfachung gesprochen) der Sanierungsrate – und wir gehen davon aus, dass die neue Bundesregierung auch die Finanzindustrie deutlich mehr in die Pflicht nehmen wird, einen signifikanten Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele im Gebäudesektor zu leisten. Ein naheliegender erster Schritt könnte kurzfristig sein, die Vergabe einer Baufinanzierung an die Erfüllung konkreter Klimaschutzregeln zu knüpfen. Auch werden Banken und Sparkassen künftig nachhaltigkeitsbezogene Informationen der von ihnen finanzierten Immobilien regelmäßig offenlegen müssen. Diese Anforderung betrifft nicht lediglich das Neugeschäft, sondern auch den Bestand. Den wenigsten Banken und Sparkassen liegen allerdings solche Informationen in aktueller Form vor.
In dieser Situation fürchten Bankmanager enormen Aufwand und negative Kundenreaktionen bei der Erfüllung der neuen Vorgaben. Wir dagegen blicken optimistisch auf die neuen Klimaschutzregeln und glauben, dass diese gerade im strategisch so wichtigen Baufinanzierungsgeschäft eine attraktive Chance bieten. Banken und Sparkassen, die sich frühzeitig aktiv mit Klimaschutz und Energieeffizienz auseinandersetzen und sich in diesem bei Kunden beispiellos positiv besetzten Themenfeld aktiv vertrieblich positionieren, werden gewinnen.
In einem typischen Baufinanzierungs-Portfolio beläuft sich das energetisch sinnvolle und gleichzeitig mit freien Beleihungswerten unterlegte Sanierungs- und damit auch Finanzierungspotenzial bereits heute auf 30-35 Mio.€ pro 1.000 finanzierter Immobilien. Hierbei handelt es sich um Potenzial, das die Bank praktisch ohne Konkurrenz bearbeiten kann. Für den Kunden rechnet sich die Sanierung vielfach durch eingesparte Energiekosten sowie eine Wertsteigerung der Immobilie. Zudem ist die Kundenansprache auch ohne explizit erteiltem Opt-In möglich.
Voraussetzung für die Nutzung dieser Chance ist ein langfristig angelegter, konsequent durchgeführter Kompetenzaufbau, gepaart mit aktiver Kundenansprache, von Anfang an. So positioniert sich die Bank als Experte im Immobiliengeschäft und lädt die Marke positiv mit Botschaften rund um den Klimawandel auf.
Die Bank auf künftige höhere Klimaschutzerwartungen vorzubereiten ist aus unserer Sicht aktuell eine der wichtigsten strategischen Weichenstellungen für Bankvorstände und gleichzeitig eine der größten Zukunftschancen. Denn die Erwartungen der Kunden verändern sich rasant. Eine neue Generation ist herangewachsen, für die Klimaschutz und Klimabewusstsein eine Herzensangelegenheit ist und die auch von ihren Banken und Sparkassen nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern aktive und tatkräftige Positionierung in diesem Themenfeld erwartet. Die gute Nachricht ist: Der Aufbau von Expertise und aktive Kundenansprache muss keine Investition in die Zukunft sein – denn sie rechnet sich bereits heute. Unsere Experten zeigen Ihnen an konkreten und umsetzungsreifen Beispielen, wie Sie diese Chance für Ihr Haus nutzen können.